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                                                           pirate cinema rostock
                                                            sunday, june 3, 8 pm
                                                        silver pearl, am strande
                                                                                
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"Art Goes Heiligendamm", wozu natürlich anzumerken ist, dass, abgesehen davon,  
dass nach Heiligendamm selbst, ausser sieben dicken Herren und einer dummen     
Dame, niemand wird gehen können, und wozu auch, "Kunst", was auch immer das     
wäre, zumindest nicht das, was wir machen, aber doch etwas, was gemacht werden  
könnte, in den kommenden Tagen sich hinreichend definieren liesse als alles das,
was nicht nach Heiligendamm geht, oder auch nur irgendwohin in die Nähe.        
                                                                                
Frau Merkels Berliner Schlafzimmer ist von unserem Kino weniger als 500 Meter   
weit entfernt, Herrn Fischers war, bis vor zwei Jahren, nicht mal 50 Meter weit 
weg, und der Gedanke, falls es einer sein soll, dass die blosse räumliche Nähe  
zu den Herrschenden von auch nur irgendeinem Vorteil wäre, die Kunst, das Kino, 
die Kritik oder die Konzentration befördern würde, gehört, nach allem, was wir  
davon wissen, was nicht viel ist, aber vermutlich doch genug, verworfen.        
                                                                                
Wozu ein Gipfel, der in einer so grausamen Gegend wie dem Norden vom Osten von  
Deutschland abgehalten wird, Anlass geben müsste, ausser natürlich zur Empörung,
zum Protest und zum Widerstand, was ja vollkommen selbstverständlich ist, wäre, 
die eigene Entfernung zu dieser Veranstaltung zu maximieren, kurz zur Flucht,   
nach Süden oder Westen, also wenn schon zu einer Reise, dann zu einer nach, zum 
Beispiel, Andalusien - wo wir allerdings vor knapp zwei Jahren schon waren.     
                                                                                
Und dennoch lieber wieder wären, statt in Rostock, dort Am Strande, was der Name
einer Strasse ist, der in die Irre führt, wie vieles hier, runterzuschauen auf  
den Riot und alle fünf Minuten die Website des Spiegel neu zu laden, der über   
seine rasenden Reporter längst jede Kontrolle verloren hat, bis der Abend in der
Schlagzeile "Autonome verwüsten Rostock" gipfelt, ganz genauso frei erfunden wie
der ermordete Berliner Polizist in der Bildzeitung von heute vor 40 Jahren.     
                                                                                
Am 2. Juni 1967 lässt die Polizei das Gerücht streuen, ein Demonstrant habe     
einen Beamten mit einem Messer angegriffen. Am 2. Juni 2007 lässt die Polizei   
das Gerücht streuen, ein Demonstrant habe einen Beamten mit einem Messer        
angegriffen. Spiegel Online setzt die "Messerattacke gegen einen Polizisten" als
Headline über das "Minutenprotokoll der Krawalle". Anderswo heisst es später,   
der Beamte habe, ohne ärztliche Behandlung, "im Dienst" bleiben können.         
                                                                                
Was das für ein Dienst ist, dass die Polizei die Demonstranten "eingekesselt,   
zusammengedrängt und dann auf die Wehrlosen, übereinander Stolpernden,          
Stürzenden mit hemmungsloser Bestialität eingeknüppelt und eingetrampelt" hat,  
was zumindest einen Teil des Geschehens, in Rostock, beschriebe, steht zwar auch
auf Spiegel Online, aber an anderer Stelle, als Zitat, als das, was "Sebastian  
Haffner schrieb", "über den folgenschweren Abend", den des 2. Juni 1967.        
                                                                                
Wenn der des 40. Jahrestages weniger schwere Folgen nach sich ziehen wird, dann 
weil er, auf der nach oben offenen Riot-Skala, dann doch nur die Stärke eines   
mittleren Berliner 1. Mai der mittleren 90er Jahre erreicht hat, und wer einen  
solchen aus der Nähe gesehen hat, weiss auch ziemlich genau, was in Rostock     
passiert ist, wer angefangen hat, und womit. Die schaulustigen Rostocker sind   
anders drauf als die Kreuzberger, aber das wussten wir vor 15 Jahren auch schon.
                                                                                
Wie auch alle wissen, insgeheim sogar Spiegel-Leser, dass niemand den Gipfel in 
Heiligendamm wird blockieren oder angreifen können, die längste Absperrung seit 
1961 durchbrechen und das grösste Polizeiaufgebot seit 1938 überwinden, um dem  
irrsten US-Präsidenten seit 1869 an den Kragen zu gehen. Höchstens als, wie     
hiesse das, Dokufiction, mit Heiner Geissler, Norbert Blüm und Oskar Lafontaine 
als "Kommando Jürgen Möllemann". In Rostock kommt man auf komische Gedanken.    
                                                                                
Und kommt bestimmt auch ein komisches Publikum, oder gar keins, oder eins, das, 
ob wir den schon mal gezeigt hätten, "Death of a President" sehen will, den von 
allen Filmen, die wir im letzten Jahr runtergeladen haben, höchstwahrscheinlich 
schlechtesten. Die Girls of Kamare werden ihnen nicht gefallen, aber was solls, 
die Auswärtsspiele unseres Kinos haben fast noch nie irgendeinen Sinn gemacht,  
und Pirate Cinema Rostock wäre dann nur ein weiteres Glied in der Beweiskette.  
                                                                                
Sowie, im Rahmen von "Art Goes Heiligendamm", ja auch nur Kunst am Bau, in      
diesem Fall am Zaun, für die sicher andere Gesetze, von denen wir allerdings    
auch keine Ahnung haben, gelten, es sei denn, die "Kunst" bestünde in diesem    
Fall ohnehin nur darin, auf einem überschaubaren Gelände eine überschaubare     
Menge von Leuten mit ausreichend Essen, Toiletten und Internet zu versorgen,    
was wir natürlich befürworten, denn das ist, in Rostock, wirklich eine Kunst.   
                                                                                
Im Gegensatz zu "gegen den G8" sein, was alle Deutschen sind, bis hin zu ihrem  
seit ca. 89/90 ziemlich weit heruntergekommenen Dichter und Denker Enzensberger,
dessen Aussichten auf den "molekularen Bürgerkrieg", noch unter Kohl, schon     
genau jenen paranoiden Blick auf die Welt entwarfen, den Schily und Schäuble    
später zur Staatsdoktrin erheben sollten, und der jetzt den sieben Dicken und   
der einen Doofen, wenn auch durch die Blume, sagt, sie sollten lieber abhauen.  
                                                                                
Und zwar, wo auch sonst, im Spiegel, der, zusammengefasst, schon seit Monaten   
dem 30. Jubiläum einer Reihe folgenschwerer Todesfälle entgegenfiebert, wo eine 
Garde rettungslos gescheiterter Existenzen Woche für Woche zum Besten gibt, wer 
wen mal ermorden wollte, Herr Baader Herrn Aust, selbst Herr Strauss nicht Herrn
Baader, und wen Herr Klar und Frau Hogefeld so alles, und der für 2007 die      
Losung ausgegeben hat, den Deutschen Herbst in ein Sommermärchen zu verwandeln. 
                                                                                
Welche Rolle der 2. Juni 2007 in dieser Legende spielt, wäre leicht zu erklären,
erklären die Deutschen sich ihre Geschichte doch als vermeintlich dialektische  
Abfolge jeweils dreier Jahrestage, und in dieser Erzählung funktioniert der Riot
von Rostock als Antithese. In welchem Jahr die Synthese folgt, und in welcher   
Form, lässt sich schwer sagen. Was Pirate Cinema mit alledem zu tun hat, wissen 
wir auch nicht; vermutlich sind wir bloss zur falschen Zeit am falschen Ort.    
                                                                                
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                                                            pirate cinema berlin
                                                           sunday, june 10, 8 pm
                                                         tucholskystrasse, mitte

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