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piratecinemaberlin
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keep on
pushing my love
over the borderline
Pirate Cinema Tarifa meets Pirate Cinema Tanger
Screenings, Production, Distribution, Research
June 19 through 26, 2005, Tarifa, Andalucia
www.borderlineacademy.org
www.fadaiat.net
www.airberlin.com
free internet
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bring a towel
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Die Brauchbarkeit des Begriffs der "Piraterie" als Metapher für den Kampf gegen
Geistiges Eigentum hat ihre Grenzen. Eine davon ist die zwischen Europa und
Afrika, genauer zwischen Spanien und Marokko, noch genauer zwischen Tarifa und
Tanger. In der 15 Kilometer breiten Meerenge zwischen dem südlichsten Punkt des
europäischen Festlands - der in der Antike als das Ende der Welt galt und seinen
Namen realen Piraten verdankt, die dort bereits vor tausend Jahren eine Flatrate
auf den Personen- und Güterverkehr erhoben haben - und der nördlichen Küste von
Marokko kreuzen sich mehr als bloss die Interessen der Kulturindustrie mit denen
ihrer ehemaligen Kunden oder die Ascii-Art-Knochen des Pirate Cinema Logos: die
Boote der illegalen Einwanderer mit den Surfboards der touristischen Horden, die
Untiefen der Nomadismus-Romantik mit den realen Risiken der Schiffsverkehrs, die
Flotten der spanischen Grenzpolizei mit den Tankerschwärmen des Welthandels,
offizielle wie inoffizielle Kommunikationskanäle mit den sich von Havarie zu
Havarie fortentwickelnden Überwachungssystemen, die Reste des spanischen Empire
mit denen des britischen Kolonialregimes, die europäische Verfassung mit der
Verfassung, in der sich Europas Bewohner befinden, nicht zuletzt die Wellen des
Atlantiks mit den Strömungen des Mittelmeers - und über all dem hängt das
Gespenst des Terrorismus, der Geist von Europa und der Nebel der Biometrie.
"Stop driving me away / I just wanna stay" singt Madonna in "Borderline", und
vielleicht ist darin ja auch schon alles enthalten, was sich zur europäischen
Aussen- und Sicherheitspolitik, der Jahr für Jahr mehr Menschen zum Opfer
fallen, als auf die Berliner Todesstreifen Kreuze passen, sagen lässt. Dass die
Borderline aber, laut Madonna, sich so anfühlt, als würde man den Verstand
verlieren, liegt nicht nur an dem Irrsinn jener Linie, die Europa quer durchs
Mittelmeer gezogen hat. Die Borderline ist längst fraktal geworden, umschliesst
Bahnhöfe, Fussballstadien und Einkaufszentren, dient der Erprobung digitaler
Verortungs- und Filtersysteme und bietet einen ersten Ausblick auf die Schrecken
und Freuden, die in den neu geordneten Räumen der Kontrollgesellschaften auf uns
warten. Darüber hinaus aber ist die Borderline auch ein Syndrom, der Wahnsinn
Europas, das seine Umrisse verschwimmen sieht und das - statt anzuerkennen, dass
es von der 2nd Avenue bis Wladiwostok reicht, oder zu realisieren, dass es
zugleich, von Peking, Delhi oder Dubai aus gesehen, nur noch an einer Peripherie
unter vielen liegt - auf seinen alten geografischen und kulturellen, mindestens
so antiwestlichen wie antiöstlichen, zentralperspektivischen Zwangsvorstellungen
beharrt: Festung Europa, Kinder statt Inder, wir sind die Türken von morgen.
Pirate Cinema Berlin folgt vom 19. bis 26. Juni einer Einladung der Borderline
Academy (www.borderlineacademy.org) sowie dem Versprechen, das in dem arabischen
Wort für "durch den Raum", "Space Ship" und "Satellitenfernsehen" liegt
(www.fadaiat.net), und wir hoffen, dass einige von Ihnen auch unserer Einladung
folgen (www.airberlin.com, Berlin-Malaga, ab 200 Euro). Unser Programm wird sich
von dem, was wir ansonsten jeden Sonntag in der Ziegelstrasse veranstalten,
insofern unterscheiden, als wir zwar Screenings planen (sicher mehr als bloss
zwei), darüber hinaus aber auch mit einem Forschungs- und Entwicklungsvorhaben
unterwegs sein werden, das die Produktion und Distribution von bewegten Bildern,
Datenerfassung und Datenaustausch, die Vermessung der Grenzen des europäischen
Kinos und das Studium der Effekte, die das Mittelmeer und der Atlantik auf das
Wohlbefinden ihrer sesshaften wie durchreisenden Anrainer haben, umfasst. Und
nicht zu arbeiten haben wir uns auch vorgenommen. Denn die Abschaffung des
Geistigen Eigentums, unser Hauptvorhaben, ist ja nur eine Abschaffung von
dreien, und ohne die beiden anderen - die der Grenzen und die der Lohnarbeit -
macht sie wenig Sinn. Erst wenn die Leute sich auch ohne Papiere frei bewegen
können und zugleich für ihre permanente Produktivität (die sich niemals wieder
in Arbeit wird einfangen lassen) angemessen entschädigt werden, werden sie an
den angeeigneten Produktions- und Distributionsmitteln wirkliche Freude haben.
Für weitere Informationen stehen wir Ihnen gern zur Verfügung. Eine erste gleich
vorweg: Falls Sie doch in Berlin bleiben, empfehlen wir Ihnen als Ersatz für
unsere Screenings die Amerikanische Botschaft (www.amerikanischebotschaft.org),
die jeweils donnerstags, also am 16., 23. und 30. Juni, ab 23 Uhr geöffnet ist.
Pirate Cinema in Berlin gibt es dann wieder am Sonntag den 3. Juli um 21 Uhr.
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